Vielleicht mehr als sonst wo in Europa gibt es in der Tschechischen Republik einige seltsame Trinkrituale und Traditionen, die jeder kennen sollte, der ein Bier bestellt. Wenn Ihr also demnächst mal unsere Heimat auf ein paar Pilsner Urquell besucht, haben wir hier einige Tipps für euch. Manche mögen euch schräg, unerklärlich oder auch völlig unverständlich vorkommen und wahrscheinlich werdet Ihr bei den Einheimischen auch nicht jede Eigenart beobachten können. Aber wenn es um großartiges tschechisches Bier geht, müsst Ihr unbedingt mal eure eigenen Erfahrungen vor Ort machen.
1. Wer geht vor? Es mag euch seltsam vorkommen, denn die ritterlichen Sitten haben sich in der Tschechischen Republik geändert. Traditionell betritt der Mann als erster die Bar, gefolgt von der Dame. Dieser merkwürdige Brauch stammt noch aus den Zeiten, in denen Bars als heruntergekommene, gefährliche Orte galten. Vom Mann wurde damals erwartet, dass er zunächst nachschaut, ob alles sicher ist, bevor seine Partnerin ihm folgte.
2. Respektiere den Barkeeper. Der Barkeeper ist die wichtigste Person in einer tschechischen Kneipe und mit ihm steht und fällt dein Trinkerlebnis. Am besten ist es, wenn Ihr beim Betreten der Bar dem Barkeeper in die Augen schaut, als Zeichen der Anerkennung nickt und euch dann an einen Tisch setzt. Mit dem Gruß „Dobry den“ könnt Ihr nichts falsch machen, während „prosim“ (bitte) einfach nur höflich ist.
3. Sei geduldig. Ein gutes Bier braucht seine Zeit, bis es perfekt gezapft ist. Es wird nicht einfach der Zapfhahn aufgedreht und das Glas in ein paar Sekunden vollgemacht. Die Wartezeit wird sich aber gelohnt haben, wenn erst einmal das goldene Pilsner vor euch steht.
4. Augenkontakt ist alles. Achtung, jetzt kommt die wichtigste Regel. Wenn Ihr euren Freunden mit einem „Na Zdravi“ („Zum Wohl“) zuprostest, schaut Ihr eurem Gegenüber direkt in die Augen. Natürlich müsst Ihr ihn nicht anstarren, aber ein kleiner Blick ist die Bestätigung dafür, dass ihr gemeinsam euer Bier genießt. Also: diesen Tipp nicht vergessen! Denn wie auch in Deutschland denken die Tschechen, dass Ihr sieben Jahre schlechten Sex habt, wenn Ihr beim Zuprosten eurem Gegenüber nicht in die Augen schaut.
5. Nicht die Arme kreuzen. Um den Brauch mit dem Augenkontakt beim Zuprosten noch ein bisschen komplizierter zu machen, kommt hier ein weiteres wichtiges Ritual in Tschechien. Beim „Na Zdravi“ (Prost) sollten sich die Arme der Trinkpartner am Tisch nicht überkreuzen. Am besten stößt man nur mit dem Tischnachbarn oder nacheinander an. Das Pech im Schlafzimmer gilt übrigens auch hier – also aufpassen!
6. Auf den Tisch klopfen. Jetzt habt Ihr also „Na Zdravi“ gesagt und angestoßen (Tschechen werden auf jeden Fall kräftig anstoßen und nicht sanft anklopfen), eurem Gegenüber in die Augen geschaut und auf keinen Fall die Arme überkreuzt. Jetzt seid Ihr bereit für den nächsten Schritt: Vor dem ersten Schluck klopft Ihr mit eurem Glas kurz auf den Tisch (vielleicht nicht ganz so feste, damit das gute Bier nicht überschwappt …). Also: Prost sagen, anstoßen, mit dem Glas auf den Tisch klopfen, trinken. Alles klar?
7. Kein teilen. Für Tschechen ist das Glas Bier eine ganz besondere Sache. Es sollte daher nicht gemixt, mit anderen geteilt oder herumgereicht werden und auf gar keinen Fall sollte das Bier von einem Glas ins andere geschüttet werden. Kurz: Mach nichts, was den einzigartigen Geschmack eures Bieres verfälschen könnte.
8. Austrinken. Das Glas Bier nicht auszutrinken, gilt als absolute Beleidigung. Es ist ein gutes Bier. Also trink es aus! Ansonsten werdet Ihr die Bar, den Barkeeper und den Braumeister beleidigen.
9. Zahlen und Trinkgeld. Ihr habt ausgetrunken, wollt gleich gehen und es ist Zeit zu zahlen. Trinkgeld ist üblich und wird auch erwartet, aber die Kellner sind nicht zwangsläufig darauf angewiesen. Normalerweise rundet Ihr eure Rechnung deshalb einfach auf: aus 220 Kronen macht Ihr 250 Kronen. Das war’s …
Und noch ein kleiner Tipp fürs Bier bestellen … Anstatt der bei uns üblichen Angabe des Alkoholgehalts verwenden die Tschechen ein Gradsystem. Ihr werdet also normalerweise Biere mit 10° oder 12° sehen, anstatt z.B. 5% vol. Unser „normales“ Bier mit etwa 4% vol. entspricht 10°, ein etwas stärkeres Bier hat entsprechend 12°. Ab und zu seht Ihr vermutlich auch mal ein 14° Bier (5,3% vol.). „Tvamý“ ist ein dunkles Bier und wenn Ihr ein „pivo“ oder „Světlý Ležák“ bestellt, bekommt Ihr ein goldenes Pilsner.
OK. Wir hoffen, das hilft Euch weiter! Und jetzt haben wir uns ein Bier verdient …